Ursprünglich beginnt die Geschichte
des Capri in den USA, und zwar am 17.April 1964. An diesem Tag gelangt
der neue Mustang,
ein preiswerter, höchst attraktiver Sportwagen für junge und
junggebliebene Leute, in die Ausstellungsräume der amerikanischen
Ford Händler.
Das Erfolgskonzept für diesen Wagen
war genial einfach, und im nachhinein verwundert es, daß nicht schon
vorher ein Produzent auf diese simple Idee gekommen war: einen kompakten,
schnellen, unverwechselbaren, geräumigen und auf Großserientechnik
basierenden Sportwagen zu bauen. Das dachte man sich natürlich auch
in der Führungsetage von Ford. Kein Jahr nach der Markteinführung
in den USA wird mit den Arbeiten am Europäischen Mustang, dem Capri,
begonnen.
Hauptmerkmale waren die lange Motorhaube, das kurze Heck und die tiefe Sitzposition. Die Nachfrage für weniger praktische, dafür sportlich gestylte Wagen war derart überwältigend, daß dem Trendsetter ganze Scharen von Coupes folgten, deren Karosserie nicht von einer Limousine abgeleitet war: Manta, Celica, Renault 15/17, Scirocco. So tief wie im Capri saß man aber nirgends. Mit Schaumstoffsitzen betrat man mutig Neuland. "Knüppelschaltung" natürlich, was 1969 keineswegs die Norm war. Auch Zahnstangenlenkung war noch nicht üblich. "Das Auto, das Sie sich schon immer gewünscht haben", hieß die erste Werbebotschaft und den Preis brauchte man nicht kleinzudrucken. Fords Marketingabteilung machte Nägel mit Köpfen. Innovation nicht nur beim Karosseriekonzept, sondern auch beim Abdecken breitester Segmente. "Das Auto nach Maß", vom 1300 bis zum 2300 war von Anfang an alles möglich, und zwar in verschiedensten Ausrüstungsstufen. Den Capri gab es von Beginn an mit einer Fülle von Motorvarianten, die schnell bis in den sportlichen Bereich hinaufreichten.
Der Neuling spaltet Käuferschaft wie Motorjournalisten sofort in zwei Lager. Denn die Hinterradaufhängung ist als Starrachse konzipiert, und Ford fixiert sie unverfroren an antiquierten Blattfedern. Das ist für die schreibende Zunft und für viele Autofans Grund genug, den Kölner, der in den ersten Jahren auch ein Halewooder ist, nicht ernst zu nehmen. Dieser Makel hindert allerdings jährlich 200.000 Kunden und mehr nicht daran, einen Capri Kaufvertrag zu unterschreiben, und führt dazu, daß sich rasch eine unerschütterliche Fan-Gemeinde bildet, die, angetan von der simplen Technik, entdeckt, daß auf dieser Basis um so mehr verändert, getunt und geschraubt werden kann. Solide Technik, leicht durchschaubar, für Experimente geradezu prädestiniert. Auch das Werk läßt es nicht einfach bei Blattfedern bewenden, sondern kultiviert das schlichte Layout zu beachtlicher Sophistication, daß selbst die britische Zeitschrift "Car" zum Prädikat "fine handling" greifen muß. Kenner schätzen das klar definierte Fahrverhalten der stärker motorisierten Varianten, mit denen sich jederzeit ein Übersteuern provozieren läßt. "Sensible fun", wie die Engländer sagen. Die ersten Capri kommen allerdings ziemlich unterbereift daher. Umso mehr mußten die Pneus, um auf eine angemessene Kilometerleistung zu kommen, zwangsläufig auch auf den Seitenflanken ordentlich eingesetzt werden, was es beim Kurvenfahren zu berücksichtigen galt. Eine technische Besonderheit, wenn auch der einfacheren Art, offeriert das Fahrwerk aber doch. Die Stoßdämpfer sind hinten versetzt angelenkt, rechts vor, links hinter dem Achsgehäuse. Damit soll der Peitscheneffekt der Halbelliptikfedern unterbunden werden. Ford nennt die Hinterachse liebevoll "ungeteilte Hinterachse mit Parabelfedern".
Bereits 1970 verpaßt der 3-Liter die 200km/h Schwelle nur knapp, und der RS2600 avancierte zum bis dato sportlichsten Auto in der Geschichte des Kölner Werks. Für 15.800 DM erhielt man ein Fahrzeug, das jedem Porsche Paroli bieten konnte. Doppelscheinwerfer, Fahrwerkstieferlegung und eine mattschwarze Motorhaube sichern den entsprechenden Auftritt im Rückspiegel des Vordermanns. Ausgerüstet mit einer Kugelfischer-Einspritzanlage leistete der 6-Zylinder 150 PS und machte den Capri zu einem überlegenen Reisesportwagen. In Ermangelung eines Regelnockens der mechanischen Einspritzanlage erweisen sich die ersten dieser Serie als ausgesprochen durstige Weggefährten. Mit der Homologation von 1000 Motorsport Ausführungen (1971, Plexischeiben, Kunststofftüren und Hauben, keine Stoßstangen, keine Heizung, Magnesiumfelgen) wird der Grundstein zu einer ausgesprochen erfolgreichen Sportlerkarriere gelegt. Für das Design des RS2600 sowie der Rennversionen zeichnete ein gewisser Claude Lobo verantwortlich – in den 90er Jahren sollte er als Designchef einer der geistigen Väter des Ford Focus sein.
In England gab es parallel die Homologationsversion RS3100. Er entstand als Homologationsmodell mit Vierventilköpfen in einer Kleinserie von 250 Stück für Rundstreckenrennen in der Saison 1974 gegen die übermächtigen BMWs. In der Motorpresse fiel er dem neuen Capri II zum Opfer. Bis auf die AVO Vierspeichen Felgen und die mattschwarzen Stoßstangen größtenteils baugleich mit dem linksgelenkten RS2600 wurde der 'ESSEX' V6 auf 3091cm3 aufgebohrt und die Kanäle poliert; daraus resultierten 148PS und eine Beschleunigung von 0-100km/h in unter acht Sekunden.
Im September 1972 flossen einige Modifikationen
in die Serie ein, u.a. wurden nun anstatt der V4 die Reihenmotoren aus
dem Taunus verbaut. Auch gehören andere Scheinwerfer, vordere Blinker in der Stoßstange, größere Heckleuchten und breitere Räder zum kleinen Facelift. Der bisher nur Sechszylinder-Modellen vorbehaltene Buckel in der Motorhaube ging nun auch bei den Vierzylinder-Modellen in Serie.
Im Dezember 1973 wurde die bisherige Serie eingestellt. In fünf Produktionsjahren waren 784.000 Capri deutscher Machart (und mehrere hundertausend britische Capri) hergestellt worden.
Die robuste Graugußkonstruktion der 6-Zylinder Aggregate hat es dem Schweizer Michael May derart angetan, daß er auf den Kölner V6 setzt und auf keinen andern, um den Turbolader aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken. Wäre es nach May weitergegangen, hätte die Turboentwicklung wohl einen etwas anderen Verlauf genommen, denn er wählte als Basis eine relativ großvolumige Maschine, operierte mit dezenten Ladedrücken und brauchte darum die Verdichtung nicht zurückzunehmen. Das Innenleben blieb völlig unangetastet, wodurch die Leistungsspritze (von 108 auf 180PS beim 2,3 Liter) noch zu moderaten Preisen angeboten werden konnte. Der May-Capri Turbo kennt kein Turbo-Loch, sondern offeriert eine ungemein sympathische Art der Kraftentfaltung. Zusätzliche PS haben oben hinaus noch nie geschadet, wenn die Elastizität darunter nicht leiden muß.
Die US Exportversion des Capri war auch mit dem Pinto SOHC und dem 1,6 Liter Kent Vierzylinder Motoren lieferbar und wurde dort unter der Lincoln-Mercury Marke als 'The Sexy European' von 1970-77 vermarktet. Er konnte sich in Vergleichstests mit Fahrzeugen wie dem Chevrolet Vega GT oder dem Mazda RX-2 messen. 1972 wurden 124.000 Einheiten in den Staaten abgesetzt, womit der Capri zum erfolgreichsten Importauto nach dem VW Käfer wurde.
Der Perana V8 aus Johannesburg in Südafrika verfügt über einen V8 mit fünf Liter Hubraum und 239 DIN-PS, die dem äußerlich serienmäßigen Coupé zu einer Höchstgeschwindigkeit von 228,4 km/h verhelfen. Ford Köln erwarb 1972 sogar ein Exemplar zu Studienzwecken. Der Wagen gewann 1970 die Südafrikanische Tourenwagen Meisterschaft.
Angefangen hat das Ganze, genau gesehen, bereits 1953, als Lincoln einen "Capri" herausbrachte. In den 60er Jahren gab es einen englischen 'Consul Capri' und in den 80ern einen 'Mercury Capri' als Schwestermodell des Mustang. 1991-1994 kam dann ein zweisitziges Cabrio auf Mazda 323 Basis names Capri von Ford Australien. Diese Modelle wurden jedoch nicht alle offiziell in Deutschland vertrieben und haben technisch nicht mit den hier beschriebenen Modellen gemein.